Historisches

Gründer des SPD-Ortsvereins Giengen: Konrad Gerold

Ein mutiger Mann macht Geschichte in Giengen

Leider waren keine Dokumente, Protokolle oder Listen aus der frühen Zeit des Giengener SPD-Ortsvereins aufzufinden, weder im Stadtarchiv noch in den Parteiarchiven, die meisten Unterlagen wurden zu Beginn der NS-Zeit vernichtet. Nachzeichnen lassen sich die ersten Jahre deshalb nur durch die Presseberichte des „Brenztalboten“, wenngleich auch hier die Quellenlage nicht befriedigend ist.

Der einzige Hinweis auf das Gründungsdatum entstammt der 1926 entstandenen „Meck'schen Chronik“, die alle in Giengen vorhandenen Vereine samt ihrer Gründungsdaten aufzählt. Unter Nummer 28 ist dort verzeichnet: Sozialdemokratische Partei. Gegründet 1900. Mitglieder 110, Vorstand Friedrich Fischer, Postobersekretär.

Genau bekannt ist dagegen der Gründer des hiesigen Ortsvereins: Konrad Gerold, laut Bügerverzeichnis der Stadt Giengen 1854 in Brenz geboren, von Beruf Steinhauer. Konrad Gerold scheint sich zeitgleich mit der Gründung des Ortsvereins in der Kommunalpolitik engagiert zu haben. Bei den „Bürgerausschuss-Ergänzungswahlen“ im Dezember 1900 taucht sein Name erstmals auf der Kandidatenliste auf. Er erhält zwar längst nicht die notwendige Stimmenzahl (16 von 97 benötigten), aber er ist der erste als „Sozialdemokrat“ identifizierbare Kommunalpolitiker. Bei den im Dezember 1910 abgehaltenen Wahlen zum Bürgerausschuss reicht dann seine Stimmenzahl aus.

1919 wurde Konrad Gerold zusammen mit Gottlieb Erlenbusch als erster Sozialdemokrat in den Gemeinderat gewählt (vorher gab es keine Listenverbindungen und Wahlvorschläge im heutigen Sinn; es wurden nur Einzelpersonen vorgeschlagen und gewählt).

1925 wird er in seinem Amt bestätigt und bleibt bis zu seinem Rücktritt Ende 1929 in diesem Gremium. Als echter Sozialdemokrat setzte er sich für diejenigen ein, die der Hilfe besonders notwendig bedurften. So war er Mitglied im „Unterstützungsausschuss“: die Rentnernotstandsgesetze verpflichteten ab März 1922 die Gemeinden zu unterstützenden Zahlungen, falls die staatliche Rente zu gering ausfiel. Die Mitglieder des obigen Ausschusses sollten bedürftigen Rentnern bei notwendigen Einsprüchen gegen negative Bescheide helfen. Drei der vier Mitglieder dieses Ausschusses waren Sozaidemokraten.

Die „Volkswacht“, eine SPD-Zeitung, ehrte Konrad Gerold mit einem Bericht, der vom Brenztalboten am 2. Januar 1930 übernommen wurde:

„Mit dem Ablauf des alten Jahres schied unser Genosse Konrad Gerold aus dem Gemeinderat aus. Der Senior der hiesigen Sozialdemokratischen Partei und Gründer derselben hat sich um unsere hiesige politische Bewegung große Verdienste erworben und war der Ponier, der den Grundstein legte für die späteren Erfolge unserer Ortsgruppe. Er war der erste Sozialdemokrat, der in Giengen auf das Rathaus einzog. Er gehörte dem Bürgerausschuss acht Jahre und dem Gemeinderat 10 Jahre als Mitglied an. Wenn er nun heute als 75jähriger aus der Gemeinderatsvertretung krankheitshalber ausscheidet, wollen wir hier an dieser Stelle den Dank der Partei aussprechen und ihm noch einen langen, erträglichen Lebensabend wünschen.“

Dieser lange Lebensabend war Konrad Gerold leider nicht mehr gegönnt. Nur gut ein Jahr später verstarb er völlig unerwartet. Der Nachruf des „Brenztalboten“ vom 2.2.1931 zeigt die Wertschätzung, die er durch sein Wirken gewonnen hatte:

„Gestern vormittag ½ 11 Uhr ist unser lieber und geschätzter Mitbürger Konrad Gerold, Maurer, infolge einer Lungenlähmung im 77. Lebensjahr plötzlich verschieden. …Politisch ist Konrad Gerold früher stark hervorgetreten, er hat der Soz. Partei unseres Bezirkes unter großen persönlichen Opfern wichtige Pionierarbeit geleistet und das schon zu Zeiten, wo ein nicht geringer Grad von Bekennermut dazugehört hat...“

Autorin: Gaby Streicher


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