SPD-Stellungnahme zum Kreishaushaltsplan

Veröffentlicht am 10.11.2015 in Kreistagsfraktion

Sehr geehrter Herr Landrat, Herr Kreiskämmerer Fuchs,

werte Kolleginnen und Kollegen,

Reden zum Haushaltsplan des Landkreises präsentieren sich stets auch als eine politische Standortbestimmung und als eine Einschätzung aktueller kommunaler Themenfelder.

Insofern haben wir vermerkt, verehrter Herr Landrat, dass Ihre Haushaltsrede in der Tat wichtige Themen anspricht, auf die wir auch gerne.....

aus unserer Sicht eingehen wollen.

In der Bewertung Ihrer Einbringungsrede verbleibt allerdings bei uns das Gefühl, dass ein Stück Ratlosigkeit und Verunsicherung die Verwaltung in ihrem Handeln prägt, so unter dem Motto: „Wir haben keine Rezepte mehr zur Lösung bestimmter Probleme“. Nur so können wir Ihre im Hinblick auf die Entwicklung des Sozialetats formulierte Äußerung „ dass sie mit Ihrem Latein mittlerweile am Ende sind“, interpretieren.

Seitens der SPD Fraktion finden wir, dass generell zu so einer Einschätzung derzeit kein Grund besteht, es sei denn, man will wieder mal den „Teufel an die Wand malen“.

Wir stellen nämlich fest, dass die Rahmenbedingungen in unseren Kommunen, in der Wirtschaft, auf dem Arbeitsmarkt und für die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger in unserem starken Baden-Württemberg so gut wie schon lange nicht mehr sind. Sogar die Zahlen der Arbeitslosen im SGB II und III im Landkreis haben sich gegenüber dem letzten Jahr spürbar reduziert.

Daher ist es mehr als verwunderlich, dass wir in den sozialen Aufgabenbereichen, insbesondere im Jugendbereich erneut eine in dieser Höhe nicht akzeptable Steigerung verzeichnen. Aber dazu später.

Klar, auch wir verhehlen nicht, dass dieser Haushaltsplanentwurf alle Beteiligten wieder vor besondere Herausforderungen und Anstrengungen stellt. Aber das war bisher ja immer schon so in diesem Hause.

Deswegen meinen wir, dass gerade in scheinbar schweren Zeiten ein Mehr an Zuversicht und Optimismus auch in der Landkreisverwaltung angezeigt ist, den Schwarzmalerei und Resignation macht diesen Landkreis nicht attraktiver und führen auch nicht bei der Problemlösung zum Ziel.

Und wir sagte es die dt. Lyrikerin Else Pannek:

Zuversicht lässt Flügel wachsen“.

 

Die wirtschafts-und finanzpolitische Entwicklung im Landkreis ist durchaus positiv und bemerkenswert und wird es wohl auch im nächsten Jahr bleiben.

Die überaus starke Steuerkraft der kreisangehörigen Kommunen spült bei gleichem Kreisumlagesatz über 8 Mio.€ mehr in die Kreiskasse. Den Kommunen geht es insbesondere deswegen wieder besser, weil zum einen die Wirtschaft brummt, zum anderen aber auch dank einer starken kommunalfreundlichen Förderung durch das Land Baden-Württemberg im Bereich Kleinkindbetreuung, Städtebau und im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Hierfür sind in den letzten Jahren Millionen € Land in den Landkreis geflossen.

Bedauerlicherweise führt die Systematik des Finanzausgleichs aber auch dazu, dass diese erfreuliche Mehreinnahme des Landkreises durch Wenigereinnahmen bei den Zuweisungen auf 3,5 Mio. € abschmilzt und sich sogar aufgrund der gestiegenen Ausgaben bei Personal und der Sozialleistungen in ein ebenso sattes Minus von 2 Mio. verwandelt.

Wie gewonnen, so zerronnen“ kann man hierzu durchaus sagen.

Leider ist, verehrter Herr Landrat, Ihre einzige Antwort auf diese missliche Situation, die Kreisumlage um 1,25 Punkte anzuheben und sich nochmals bei den Kommunen 2 Mio. € zum Haushaltsausgleich zu holen.

Ist das in der Tat der richtige Schritt? Können wir da mitgehen? Gibt es keine Alternativen?

Zu dieser spannenden und jedes Jahr neu zu entscheidenden Frage komme ich aber erst zum Schluss meiner Haushaltsrede.

Ich will vorher noch auf einige zentrale Themen, welche diesen Landkreis, seine Menschen und auch uns in der SPD- Fraktion bewegen, eingehen.

 

  1. Klinikum Heidenheim

Mit dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf wagen wir den Einstieg in die Mitfinanzierung des Klinikums.

Da wir uns alle zum Klinikum als wichtige öffentliche Säule des örtlichen Gesundheitswesens bekennen, ist es nur folgerichtig, dem Klinikum in der gegenwärtigen schwierigen Situation mit kommunalen Finanzmitteln unter die Arme zu greifen.

Allerdings muss man an dieser Stelle aber auch klar sagen, dass der Bund seiner Pflicht zur sachgerechten Mittelausstattung der Krankenhäuser schon seit vielen Jahren nicht nachkommt und damit der eigentliche Verursacher der Krankenhauskrise ist. Ob das nun vom Bundestag am 5.11. verabschiedete Krankenhaus-reformgesetz wesentliche Verbesserungen bringt, wird sich zeigen.

Wir geben mit nun mit dem kommunalen finanziellen Engagement endlich auch das ersehnte Signal an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Geschäftsleitung und die ärztliche Belegschaft im Klinikum, dass wir sie mit ihren Sorgen und Problemen nicht alleine lassen, sondern auch zu unserer Verantwortung als Träger des Klinikums stehen.

Der SPD-Fraktion ist es aber letztlich egal, welchen Titel diese finanzielle Unterstützung für das Klinikum führt, ob Innovations-Fond, Zinszuschuss, Baukostenzuschuss oder sonst einen noch zu erfindenden spannenden Namen.

Wichtig ist uns vielmehr, dass wir, und da meine ich diesen Kreistag oder zumindest der Aufsichtsrat mitentscheiden können, in welcher Höhe und für welchen Zweck das Steuergeld der Bürger in das Klinikum investiert wird.

3 Mio. € Steuergeld, gestreckt auf 4 Jahre in einem sog. Innovationsfond zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Klinikums hören sich ja gut an, besagen aber letztlich über die Wirkung vor Ort noch nichts.

In diesem Zusammenhang ist dann auch die Frage erlaubt, wo und durch welches Tun oder Unterlassen die Wettbewerbsfähigkeit des Klinikums der letzten Jahre gelitten hat? Das ist zu hinterfragen! Hätte man schon früher handeln müssen und wenn Ja, wer hat dies verhindert?

Auch die Überlegungen hinsichtlich der Investitionsförderung in Höhe von 5 Mio. € und die Quersubventionierung über den Abfallwirtschaftsbetrieb müssen ebenfalls inhaltlich und rechtlich dargestellt werden, denn in Summe reden wir hier insgesamt über ein Finanzvolumen von 10 Mio. €, das in den nächsten Jahren letztlich auch über den Kreishaushalt finanziert werden soll.

Die SPD Kreistagsfraktion wird den aufgezeigten Weg der finanziellen Unterstützung im Interesse unseres Klinikums und seiner Kunden mitgehen, wir bitten aber darum, dass der Kreistag über das WIEVIEL und WOFÜR ausführlich im Rahmen der Planberatungen informiert wird, wobei wir uns hierzu eine entsprechende Vorlage der Verwaltung wünschen (Antrag).

Gleichzeitig beantragen wir, dass uns das Klinikum in Bezug auf die Baufinanzierung eine neue aktuelle Kalkulation mit der Aussage vorlegt, in welchem Umfang Zins- und Tilgungsleistungen derzeit und in der mittelfristigen Finanzplanung das Betriebsergebnis belasten.

Wir wünschen uns auch, dass wir in diesem Kreistag alsbald eine Resolution an das Bundesgesundheitsministerium unter Minister Gröhe mit dem Inhalt richten, dass die derzeitige Überarbeitung des Krankenhausreformgesetzes auch unmittelbar die Vergütungsleistungen der Zentralen Notaufnahme im Interesse der Krankenhäuser mit sofortiger Wirkung zufriedenstellend löst. Hier gilt es weiterhin Druck auf die Bundesregierung, insbesondere das federführende Ministerium zu machen, das anscheinend immer noch nicht bereit ist, sich mit diesem die Kliniken zentrale betreffenden Thema zu befassen. Da ist im neuen Gesetz nichts als Absichtserklärung enthalten.

 

  1. Brenzbahn und ÖPNV

Die SPD Kreistagsfraktion wünscht, dass sich alle Beteiligten den Ausbau des teilweise zweigleisigen Schienennetzes auf der Brenzbahn bis 2019 nicht als „sportliches“, sondern als verbindliches Ziel vornehmen.

Bis dahin sind es nur noch knappe 48 Monate und es ist noch viel zu tun.

Zwar ist in den letzten 12 Monaten das eine und andere an organisatorischen Maßnahmen geschehen, aber es scheint, so richtig in Fahrt gekommen ist das Projekt „Brenzbahn“ doch noch nicht.

Sie Herr Landrat sprechen noch von einer „langen Wegstrecke“. Wir fragen uns zum wiederholten Mal, wie „lange denn diese Wegstrecke nun ist“. Projektbezogen reden wir ja nur von knapp 7 km Ausbaustrecke.

Zum anderen lassen die geringen Finanzierungsanteile in der mittelfristigen Finanzplanung insgesamt nicht erkennen, WER WAS bis WANN finanziert. Das betrifft natürlich auch den Landkreis Heidenheim. Uns fehlen der Masterplan, der Projektplan und eine klare und transparente Kalkulation.

Daher beantragen wir erneut einen aktuellen Bericht in der kommenden Kreistagssitzung, alternativ auf einer Sondersitzung des Kreistages im Januar, da wir mit diesem Thema nicht bis zur ersten Sitzung des KT im Frühjahr warten möchten.

In diesem Sachstandsbericht sollte auch wieder die Vernetzung und Zusammenarbeit mit der Region Ostwürttemberg und insbesondere dem Ostalbkreis dargestellt werden. Das ÖPNV Projekt auf der Schiene ist nicht nur ein Projekt der Brenzbahn von Ulm bis Sontheim, sondern ein gemeinsames Projekt der Region mit allen Schnittstellen zu anderen Schienenverkehren.

Zum Thema Nahverkehr haben wir ja bereits im letzten Jahr unsere Vorstellungen hinsichtlich der Ertüchtigung des ÖPNV in den ländlichen Bereichen dargestellt.

Leider ist in dem abgelaufenen Jahr im Landkreis offensichtlich nichts geschehen, um unsere Anregungen hinsichtlich der weiteren Einrichtung kommunaler Bürgerbus-Systeme gerecht zu werden.

Dies rächt sich ja derzeit bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in der Fläche. Wir werden in den folgenden Wochen hierzu erneut mit einem Antrag auf die Verwaltung zukommen.

 

  1. Bildungseinrichtungen des Landkreises

Die SPD Kreistagsfraktion unterstützt vorbehaltlos die Stärkung und den Ausbau unserer beruflichen Schulen und die nachhaltige Installation von Schulsozialarbeit an den Schulen im Landkreis Heidenheim.

Gerade im Bereich der berufsbildenden Schulen sind erhöhte Landeszuweisungen in Höhe von rund 190.000 € zu verzeichnen und es wird ein Nettoressourcenüberschuss von rund 328.000 € erwirtschaftet. Damit können wir zum Teil das vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg ausgeschriebene Lernprojekt „Lernfabrik 4.0“ finanzieren. Wir begrüßen es, dass sich das Land für dieses wichtige Bildungsprojekt nochmals mit rund 400.000 € und auch die freie Wirtschaft finanziell beteiligt.

Wir stehen voll hinter diesem Projekt und hoffen, dass dem Antrag des Landkreises Heidenheim ein Erfolg beschiedenen ist.

Diesen Erfolg wünschen wir uns auch langfristig bei der von uns erstmals 2015 geförderten „Zukunftsakademie Heidenheim“. Damit hier die „notwendige Nachhaltigkeit“ entsteht, bedarf es jedoch auch weiterhin der finanziellen Beteiligung des Landkreises, stellvertretend für seine Kommunen. Sie können hier mit unserer Unterstützung rechnen.

Auch die positive Entwicklung in der Schulsozialarbeit nehmen wir von der SPD Fraktion mit großer Genugtuung auf; insgesamt rund 20 Sozialarbeiterstellen wurden in den letzten 4 Jahren im Landkreis geschaffen.

Das ist gut so für die Schulen, die Schülerinnen/Schüler und die Eltern, aber dies war nur zu erreichen, indem die derzeitige Landesregierung wieder in die zuvor abgeschaffte Finanzförderung der Schulsozialarbeit eingestiegen ist und dieser Kreistag bereit war, auch für diese wichtige Aufgaben viel Geld (406.000 €) zur Verfügung zu stellen.

Ich erwähne das, weil diese Fakten immer sehr schnell in Vergessenheit geraten.

Die SPD Fraktion steht uneingeschränkt hinter dem Projekt „Schulsozialarbeit“ und wird hierzu auch ihre Zustimmung geben.

 

  1. Teilhaushalt Soziales

Den Teilhaushalt Soziales betrachte ich zunächst ohne den neuen Aufgabenbereich „Flüchtlinge und Asylbewerber“ und meine Bewertungen berücksichtigen auch nicht „interne Leistungsverrechnungen und kalkulatorischen Kosten“.

Im Teilhaushalt Soziales finden wir die gesetzlich fixierten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII sowie die Förderung der sozialen Einrichtungen im Landkreis.

Dieser Teilhaushalt umfasst ein Volumen (ohne Flüchtlinge/Asylbewerber und kalkulatorische Kosten) bei den Aufwendungen von knapp 83,5 Mio. €. Dies entspricht fast 50 % des Gesamtvolumens unseres Haushaltplanes 2016. Unter Berücksichtigung von Zuweisungen und Zuschüssen = Erträge in Höhe von rund 34,8 Mio. €, verbleibt ein Finanzierungsbedarf von 48,7 Mio. €.

Vergleicht man die Planansätze (ohne TH Flüchtlinge und kalkulatorische Kosten) mit dem Jahr 2015, so fällt folgendes auf:

  1. Steigerung der Aufwendungen um ca. 2,3 Mio. € oder 3,8 %

  2. davon Personalkosten rund 110.000 € = 4,7 %

  3. davon zusätzliche Transferleistungen rund 1.9 Mio. € oder 83 %

  4. davon sonstige Transferaufwendungen rund 215.000 € oder 9,3 %

  5. Minderzuweisungen = Mindererträge 770.000 € oder – 3,6 %

Wir stellen fest, dass damit der originäre Sozialetat eher moderat ansteigt, wobei die gestiegenen Transferleistungen als Umsetzung gesetzlicher Ansprüche für unserer Bürger den zentralen Hauptanteil ausmachen. Die SPD Fraktion steht zu diesem Ergebnis, wobei es auch für uns immer besser ist, dem Hilfesuchenden wird der Weg aus der staatlichen Unterstützung nachhaltig ermöglicht, um wieder auf eigenen Füßen stehen zu können.

Wer hier allerdings im Rahmen dieser Haushaltsdebatte Glauben machen will, dass man aus diesem Teilhaushalt das Defizit „herausschneiden“ könnte, sollte selbst mit sehr guten Vorschlägen kommen und nicht den Schwarzen Peter der Verwaltung zuschieben.

Es sind immerhin Bürgerinnen und Bürger aus allen Städten und Gemeinden des Landkreises, welche diese gesetzlichen sozialen Leistungen in Anspruch nehmen.

 

  1. Teilhaushalt Jugend

Die Entwicklung im Teilhaushalt Jugend sehen wir aber wesentlich kritischer. Die Steigerung der Aufwendungen für die Jugendhilfe bei leicht gestiegenen Erträgen beträgt immerhin noch 12,6 %. Vergleicht man ähnliche Verhältnisse im Vorjahr, so ist diese Steigerung unserer Ansicht nach schon besorgniserregend, denn die Transferleistungen steigen um gut 1,7 Mio. € oder 12 %.

Wir fragen daher erneut: WAS ist hier geschehen, WAS sind die Ursachen für die Fallzahlsteigerungen und die massiven Kostensteigerungen?

Wir erwarten daher, dass uns die Verwaltung im Rahmen der Beratungen nochmals die Ursachen dieser Entwicklung darlegt und den Versuch einer Roadmap, wie wir aus dieser negativen Spirale raus kommen. Verwalten wir nur die Fälle, oder tut man mehr? Schieben wir nicht hier eine gefährliche Bürgschaft für die Zukunft vor uns her? Diese Fragen bewegen uns und wir erwarten hierauf auch Antworten.

In diesem Zusammenhang würde uns auch interessieren, wie unser Landkreis hier im Ranking mit anderen vergleichbaren Landkreisen steht.

Ungünstig finden wir zudem, dass in den Aufwendungen / Erträgen die Leistungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 400.000 € im Produktbereich 3.6 veranschlagt werden und nicht im neu gebildeten Produktbereich Flüchtlinge/Asylbewerber. Das verwirrt und wir bitten zu prüfen, ob dieser Aufgabenbereich nicht besser zugeordnet werden könnte, z.B. im erwähnten Teilhaushalt Flüchtlinge und Ehrenamt.

 

  1. Flüchtlinge und Asylbewerber

Vor gut einem Jahr hätte noch keiner von uns vermutet, dass wir uns zum Ende dieses Jahres mit dem Mega-Thema Flüchtlinge und deren Zuwanderung nach Deutschland beschäftigen. Die Kanzlerin hat ein „großes und offenes Herz“ und damit humanitäre Stärke bewiesen und es bleibt zu hoffen, dass sie den Druck aus der eigenen Partei und der CSU aushält und keine irregeleiteten Beschlüsse zulässt. Gewiss kann man da leider nicht sein, aber wir hoffen hier auf eine verantwortungsvolle Rolle der SPD innerhalb der Regierung.

Wir erwarten auch, dass unsere kommunalpolitischen Spitzen Stärke und Rückgrat beweisen, insbesondere, wenn es um die öffentliche Debatte zum Thema Migranten geht. Äußerungen, wie zuletzt von Landräten und Bürgermeistern auf dem letzten „Kommunalstammtisch“ gehalten, sind nicht dienlich, das Vertrauen der Bürger in das Handeln der politische Verantwortlichen und der Verwaltung zu stärken.

Die SPD Fraktion begrüßt es, dass nun im Haushalt ein eigener Produktbereich gebildet wurde, indem wir fast vollständig nachvollziehen können, welche Aufwendungen für Flüchtlinge und Asylbewerber zu leisten sind und welche Zuweisungen und Zuschüsse das Land erstattet.

Bei aller Problematik und Schwierigkeit bei der Unterbringung der großen Anzahl von Migranten in den Landkreisen meinen wir, dass sich das Land Baden-Württemberg bisher mehr als fair gegenüber den Kommunen verhalten hat. Die 100 % ige Weitergabe der Pauschalerhöhung und möglicherweise auch die vorgesehene Spitzabrechnung belegen diese konstruktive Haltung.

Wo es eher klemmt ist die Politik in Berlin und die Umsetzung der notwendigen Hilfe für die Landkreise, Städte und Gemeinden. Anstatt pragmatische Lösungen für die Unterbringung und Integration zu finden, setzt man anscheinend eher auf politische Konfrontation.

Unbeschadet dessen sind wir vor Ort aufgerufen, alles Erdenkliche in Bewegung zu setzen, um den Migranten eine einigermaßen vernünftige, das heißt für uns eine „menschenwürdige“ Erstunterkunft zu verschaffen. Dabei werden wir seitens der SPD Fraktion die Landkreisverwaltung nach Kräften unterstützen.

Es gibt für uns allerdings auch Grenzen, welche wir nicht überschritten wissen wollen:

  1. Die ständige öffentliche formulierte Aussage, dass im Extremfall auch die kreiseigene Sporthalle oder ähnliche kommunale Einrichtungen mit Migranten belegt werden, halten wir für nicht akzeptabel und auch die Umsetzung dieser Maßnahme würde auf unseren Widerstand stoßen.

Wir bitten vielmehr erneut die Verwaltung rechtzeitig und nicht nach dem Prinzip Zufall dafür Sorge zu tragen, dass den nach wie vor steigenden Flüchtlingszahlen im kommenden Jahr entsprechende Unterkünfte zur Verfügung stehen. Dass dies nicht einfach ist, wissen wir.

 

Ich verweise auf einen Artikel der Stuttgarter Nachrichten vom 10.10.2015, wonach sich die Stadt Stuttgart zur Anschaffung von gedämmten Leichtbauhallen entschieden, deren Lieferzeit derzeit zwischen 6 und 10 Wochen liegen würden dürfte. Das einzige was man braucht für den Bau dieser Unterkünfte sind entsprechende Grundstücke, die es in den Kommunen sicherlich gibt.

 

Wir sehen darin eine denkbare Möglichkeit und eine gute Alternative, sehr schnell und möglicherweise auch relativ günstig an Unterkünfte für Flüchtlinge zu kommen. Dann bräuchten wir keine Sporthallenbelegung und würden auch den örtlichen Mietmarkt entlasten und manchem Spekulanten das Wasser abgraben.

 

  1. Sofern bei derzeitigen Unterbringungen (Ochsenberg und Ziegelhütte) öffentlich und gegenüber der Bevölkerung Aussagen zur Höchstbelegung getroffen wurden, sind diese unserer Meinung nach strikt einzuhalten, auch wenn der Druck noch so hoch ist. Es wäre aus unserer Sicht fatal, durch offenkundigen Wortbruch das Vertrauen der Bürgerschaft zu verspielen. Wir werden diesen Weg nicht mitgehen.

 

Die SPD Kreistagsfraktion ist nach wie positiv angetan und auch dankbar, dass sich zwischenzeitlich fast in jeder Stadt und Gemeinde Helferkreise gebildet haben, welche mit viel Engagement und sehr viel persönlichem Einsatz mithelfen, die Migranten zu betreuen. Das macht Mut und Hoffnung in einer bereits öffentlich vergifteten Diskussion. Herzlichen Dank an alle ehrenamtlich Tätigen und die Bitte: Machen Sie weiter so! Gerne hören wir von der Verwaltung, in welcher Weise man die 90.000 € für ehrenamtliche Tätigkeit einsetzen will.

 

Wir wollen aber auch den Blick nochmals über den Tellerrand werfen; dieser Landkreis hat erstmals seit vielen Jahren eine Steigerung der Bevölkerung zu verzeichnen, was nicht unerheblich auf die steigende Zahl der Migranten zurückzuführen ist. Das macht sich übrigens auch positiv im Finanzausgleich bemerkbar.

Es muss die Frage erlaubt sein, wieviel Menschen wir als Zuwanderer bei uns behalten wollen, welche hier integriert werden, hier Ausbildung und Arbeit und schließlich eine neue Heimat finden. Umgekehrt heißt dies, Wer von den anerkannten Flüchtlingen will bei uns bleiben, sich hier qualifizieren, hier arbeiten und eine neue Heimat finden?

Mit Blick auf unsere Alterungsstatistik und dem dadurch bedingten Arbeitskräftemangel in der heimischen Industrie, dem Handwerk und dem Handelsgewerbe meinen wir, dass es doch recht viele sein sollten, welchen wir eine Niederlassung ermöglichen sollten.

Hier stellt sich nun für die Frage, WER diese wichtige Zukunftsaufgabe im Landkreis betreibt, WER die verschiedenen Player und Fachdisziplinen zusammenführt und mit ihnen gemeinsam eine tragfähige Strategie entwirft.

 

Verehrter Herr Landrat,

wäre es nicht trotz aller akuten Aufgaben vorstellbar, dass wir im Landkreis Heidenheim eine solche Kompetenzstelle einrichten, welche sich umfassende mit dieser Aufgabe Integration unter Berücksichtigung meiner vorgenannten Überlegungen befasst.

Wenn dies gelingen würde, könnte unser Landkreis damit ein beispielhafter Vorreiter in Baden-Württemberg für Integration sein und als Modell-Landkreis sicherlich auch mit der Förderung des Landes rechnen können. Wir meinen, dies wäre eine echte Chance für die demografische und wirtschaftliche Entwicklung unseres Landkreises.

Gerne erwarten wir Ihre Antwort auf unseren Vorschlag im Rahmen der Haushaltsplanberatungen.

Unser Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im neuen Fachbereich Integration und Ehrenamt, welche sich mit den sicherlich nicht einfachen Aufgaben auseinandersetzen und welche auch sicherlich manch schlaflose Nacht hinter sich haben.

 

Kreisumlage

Meine abschließenden Ausführungen befassen sich mit dem Vorschlag der Verwaltung, die Kreisumlage um 1,25 Punkte auf dann 36,75 Punkte anzuheben.

Die SPD Fraktion ist ja die Partei, in der der Begriff „Solidarität“ einen besonderen Stellenwert hat.

Insofern haben wir auch kein Problem damit, wenn wir sagen, dass die derzeit sehr finanzstarken Kommunen dem Landkreis solidarisch zur Seite stehen und ihm für die Bewältigung seiner Aufgaben die notwendigen Finanzmittel überlassen sollten.

Zur Höhe wollen wir uns heute noch nicht festlegen, denn da sind wir leider ein „gebranntes Kind“, denn nicht zum ersten Mal würde die Verwaltung und der Landrat von ihren Kreisumlage-Vorstellungen Abstand nehmen.

Wir könnten uns aber vorstellen, dass die Kreisumlage in der Weise erhöht wird, dass die neuen und zusätzlichen Ausgaben für das Klinikum und die Brenzbahn finanztechnisch und mittelfristig abgesichert werden.

Ansonsten warten wir darauf, was uns Herr Kämmerer Fuchs noch als Perspektive einer haushaltsrechtlichen Sperre erzählt und wie sich die Beratungen der Teilhaushalte gestalten.

Rückblickend danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landkreisverwaltung, ihrer Betriebe und Organisationen, dem Klinikum und dem Job-Center für die guten Leistungen im abgelaufenen Jahr und für die gute Zusammenarbeit.

Wir sind stolz auf Sie und hoffen, dass Sie mit diesem Kreistag auch die Herausforderungen im kommenden Jahr meistern werden.

 

Uns wünsche ich nun eine konstruktive Haushaltsplanberatung.

 

Und das mit Zuversicht, denn Zuversicht verleiht Flügel.

(es gilt das gesprochene Wort).

Clemens Stahl

Giengen, den 09.11.2015