Berichte aus dem Gemeinderat

Rede des Fraktionsvorsitzenden Jörg Ehrlinger am 8.2.09 bei der Haushaltsplandebatte des Giengener Gemeinderates

Verzicht auf Netto-Verschuldung als „krisenfestes“ Ziel bekräftigt: Marktstraße u n d
Schranne/Eichamt sind o h n e neue Schulden machbar!
„General-Verzicht“ auf andere Maßnahmen als mutiger Schritt ist gefordert/
Konjunkturpaket muss in einen Nachtragshaushalt

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

wer die gegenwärtige Haushaltslage von Bund, Land und Kommunen nicht als „Buch mit sieben Siegeln“ begreift, muss ein Genie sein. Dies als Vorbericht zu einer Haushaltsstellungnahme meiner SPD-Gemeinderatsfraktion, die uns - wie sicher auch den anderen Fraktionen - schwer fällt wie in Jahrzehnten nicht.
Allein die erforderlich gewordene Verschiebung aufgrund lokaler Finanzeinbrüche im
Gewerbesteuersektor und nun täglich neu die Diskussion über Umfang, Ausstattung und
Terminierung von Konjunktur-Stützungsgeldern lässt eine profunde Haushaltsfixierung auf das Jahr 2009 bereits wieder als „Spiel mit der Silberkugel“ erscheinen.
Meine SPD-Fraktion stützt daher ihre Haushalts-Stellungnahme und damit den uns gegenwärtig verfügbaren städtischen Handlungs- und Maßnahmenkatalog allein und detailliert auf den Haushaltsplan-Entwurf der Verwaltung mit Einbringungsdatum 29. Januar 2009.
Und damit stellen wir die städtischen Hausaufgaben für 2009 in ein 7-Punkte-Programm, das ich Ihnen nachfolgend skizziere und zugleich die erforderlichen Zusatzinformationen und Ausführungs bzw. Antragsdetails benenne.

1. Bereich Stadtentwicklung
Hier ist für meine Fraktion absolut klar: Die mehrjährig geforderte, dringend berechtigte und bereits schon versprochene Sanierung der inneren Marktstraße als Fußgängerzone ist im Jahr 2009 durchzuführen. Dazu bedarf es, um endlich gegenüber Bürgerschaft und Handel auch ein Stück Mut zu beweisen, jetzt einer beherzten und couragierten Entscheidung. Und diese Entscheidung heißt für uns: Einmaliger „Generalverzicht“ auf alle anderweitigen Maßnahmen des Pauschalpakets „Straßen-Sanierungsprogramm 2009“ wie unter diesem Haushaltstitel im Vermögenshaushalt Unterabschnitt 6300 unter Maßnahme 170 mit 300.000 € eingeplant.
Zusätzlich entfallen 20.000 € dann ja für erneute Flickmaßnahmen in der Marktstraße, nachdem dort 50.000 € gegen unser Votum ja bereits verplempert wurden. Damit wären wir bei 320.000 € und wir sind sicher, dass angesichts der nachlassenden Baukonjunktur dieses Projekt Fußgängerzone Marktstraße dann auch mit 320.000 € zu stemmen ist.
Sollten sich freilich im Zuge der Einzelplanberatung noch anderweitige verzichtbare oder kürzbare Titel finden haben wir nichts dagegen!
Aber unsere mutige Botschaft an die Bürger muss sein: Der Gemeinderat konzentriert für ein Jahr seine wichtigsten Straßenmittel, um seine gute Stube Marktstraße als wichtigste Saldenmitteilung für die Gesamtstadt Giengen in Ordnung zu bringen. Ein Wort dabei noch an die Adresse des Handels- und Gewerbevereins: Ein neues Straßenpflaster kann trotzdem kein Trostpflaster für weitere eigene Initiative sein. Aber sicher eine erhoffte Initialzündung. Und wenn die im staatlichen Konjunkturprogramm für Giengen angedachten 200.000 als Pauschalmittel noch heuer oder auch teilweise nächstes Jahr fließen, können diese gerne für 2010 dann das „Straßen-Sanierungsprogramm“ von 300.000 auf 500.000 wieder zusätzlich aufstocken.
Sie bemerken, dass wir die lang ersehnte dringend erforderliche Sanierung im Bürgerhaus
Schranne und Eichamt heute nicht mehr thematisieren. Auch diese muss in diesem Jahr erfolgen.
Hier hat der Gemeinderat im Vorfeld die richtigen Entscheidungen getroffen, Planungen definitiv eingeleitet und damit sein Versprechen an die Bürgerschaft gegeben, jetzt endlich auch diesen Sanitär-Notstand durch Einbeziehung des alten Eichamts zu beseitigen. Daran wollen wir nicht rütteln, denn hier dürfen wir nicht wortbrüchig werden.
Zumal beides, Marktstraße wie Schranne/Eichamt, wie durch unseren Vorschlag dargestellt ohne zusätzliche Netto-Neuverschuldung realisiert werden kann. Näheres steht ja im Wirtschaftsplan Gebäudemanagement. Dazu kommen wir noch.
Interessant und spannend im weiteren Diskussionsrahmen Stadtentwicklung bleibt natürlich die Perspektive Sanierungserweiterung Planie und das attraktive Ideen-Angebot einer Reichsstadt-Meile vom Handelshof bis zum Margarete-Steiff-Platz. Eine in der Tat verlockende Perspektive für eine sich dazu noch anbietende Machbarkeits-Studie, die im Kern auch die Verwirklichung eines attraktiven Rathaus-Platzes mit enthalten muss.
Zur Stadtentwicklung zählen wir natürlich auch die Entwicklung unserer Teilorte. Im Rahmen des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum haben wir den Stadtbezirk Burgberg mit Priorität versehen, zugleich aber auch bekräftigt, dass chancengestützte Maßnahmen in Hürben, Hohenmemmingen und Sachsenhausen darüber nicht zu vernachlässigen sind. Zu
vernachlässigen sind allerdings angesichts der noch keinesfalls entschiedenen Anträge beider großer Fraktionen Ausgabetitel wie Planungskosten von 20.000 oder gar 1 Million in mittelfristiger Finanzplanung für eine sogenannte Entlastungsspange Schlossblick in Burgberg..Wie gesagt - über die hierzu komplett gegenläufigen !! Anträge ist noch nichts entschieden!
Hoffentlich bald alles positiv entschieden bei den außerörtlichen Instanzen in Sachen
Umweltverträglichkeit ist dann die Machbarkeit unserer Stadtrand-Trasse. Diese
Entlastungsspange wird in der Tat zum Lebenselixier der gesamten künftigen Stadtentwicklung mit der notwendigen Verkehrs-Entlastung und Attraktivitäts-Steigerung nicht nur für das Gebiet im Ried sondern für die gesamte Kernstadt. Hier erhoffen wir Grünes Licht unbedingt noch für 2009.

2. Bildung und Betreuung
Die Stadt Giengen wendet im Zeitraum von 2008 bis 2010 insgesamt 5,7 Mio. € für laufenden Unterhalt und Investitionen im Rahmen der Kindertagesbetreuung auf. Jeder Euro dieses Geldes ist gut angelegt.Wir haben uns zugleich darauf verständigt, dass wir keine zentrale Einrichtung eines Kinderhauses wollen und planen, sondern ein ortsnah dezentrales Angebot , wie es bereits erfolgreich und in Ansätzen in St. Peter und im Bereich Bühlschule/Kindergarten praktiziert wird.
Wer allerdings nach verbesserter Tagesbetreuung ruft, darf hier nicht mit der Personalschere klappern, er schneidet sich sonst eines Tages selbst in die Finger.

Ähnliches gilt bei der Herkuleslast, die wir in den Investitionsstau an unseren Schulen stemmen. Bühlschule noch immer ohne Pavillon-Sanierung, Gymnasium unterdessen mit Musikschule in renovierten Räumlichkeiten, die Realschule steht als Nächstes heran und auch in den Teilorten ist bauseits mancherorts Feuer unterm Dach. Jeder in diesem Gremium weiß es - dieser Gemeinderat hat Schulden gemacht um seiner Schulen willen. Er hat damit auch in die Zukunft seiner nächsten Generation investiert. Keineswegs am Ende der Fahnenstange können wir dabei die Flagge Schulentwicklungsplanung hissen.Was dazu zu entscheiden sein wird hat viel mit der Bevölkerungsentwicklung in der Kernstadt wie in den Teilorten zu tun.Wir werden uns aber dabei immer und in jedem Fall für ortsnah-ideenreiche Lösungen einsetzen, bevor man mit der Schließungskeule droht.

3. Finanzen und Investitionen
Die mittelfristigen Gesamtverpflichtungen des Konzerns Große Kreisstadt Giengen haben wir per Mehrheitsbeschlüssen dieses und vorheriger Gemeinderäte eingegangen und diese summieren sich bis ins Jahr 2012 kameral auf 37 Mio. und mit den sogenannten rentierlichen, also bei Stadtentwässerung, Sonderfinanzierung etc. wieder rückzahlgesichert, auf nochmals 1 Mio. Dass wir jetzt für 2009 eine positive Nullrunde bei der Verschuldung hinbekommen, macht angesichts der enormen bundesstaatlichen Neuverschuldung für Giengen geradezu ein gutes Bild. Aber ein sanftes Ruhekissen sieht freilich anders aus!
Es kommt jetzt vor allem bei den Invests im Gebäudemanagement entscheidend darauf an, wie viel wir davon in ein neues staatliches Konjunkturprogramm bringen. Möglichkeiten vor allem im energetischen Bereich und andere hätten wir genügend. Beispielsweise dann auch
Sanierungsmeile Planie - und immer wieder Schulen! Jeder Euro, den wir dafür zu 75% aus dem Konjunkturprogramm herausholen, erspart uns Finanzlasten, die ansonsten aus dem städtischen Haushalt fließen müssten. Könnte also den Verschuldungsstand zurückführen. Genau das ist der Grund, weshalb meine Fraktion so außerordentlich großen Wert auf einen Nachtragshaushalt legt. Darin müssen diese Subventionierungsmöglichkeiten eingearbeitet und in eine neu überarbeitete mittelfristige Finanzplanung eingebettet werden.
So gesehen ist die jetzige Haushaltsplanberatung und -Entscheidung nur Teil 1 der
gesamtstädtischen Finanzdisposition für 2009 und mittelfristig.

Zu der uns dieser Tage zugegangenen Auflistung der Haushaltsreste, die in ihrer dargestellten Form für uns allerdings eher kryptische Züge trägt - zu dieser Darstellung kann ohne Haushaltsrechnung 2008 und Entscheid über letztendliche Mittelverwendung oder bereits erfolgte Vergabe oder Verpflichtung von uns vorweg keine Stellungnahme bezogen werden.
Zum Thema Finanzen gehört natürlich das Gesamtkorsett der Steuern, Gebühren und Abgaben als unerlässlichem Unterbau. Im Bereich der Gemeindesteuern, vornehmlich Gewerbesteuer und Grundsteuer stellen wir keine Anträge. Sie finden unsere Zustimmung. Wir sollten den überörtlichen zahlreichen bürgerschaftlichen Belastungen nicht auf lokaler Ebene weitere Lasten hinzufügen.

4. Soziales Miteinander
Was wir so bezeichnen, ist die Summe all dessen, was uns z.B. im Bündnis Familie, in der
Senioren-und Jugendarbeit, in der Förderung des Ehrenamts und der - erfreulicherweise nicht gekürzten – Vereinsförderung und in einer Kulturarbeit “mit Augenmaß und Mitte“ wichtig ist.
Wir freuen uns über die erfolgreiche Arbeit von Volkshochschule und Seniorenrat, wir wünschen uns eine Belebung des Stadtjugendrings und ein attraktives Haus der Jugend.Wir sehen jedoch mit Sorge, dass unsere offene Jugendarbeit nicht jeden Stadtteil erreicht. Wenn in der Südstadt die Jugendlichen keinen Raum haben, sind sie auf die Straße angewiesen. Mit der Aktion“Wir kümmern uns selbst“ haben jugendliche und auch verantwortungsbewusste erwachsene Bürger jetzt ein Signal und einen Ruf an uns gerichtet, der bislang noch nicht erhört wurde. Dieses Projekt muss noch in diesem Jahr buchstäblich unter Dach und Fach kommen.

5. Sport und Gesundheit
Die Verwaltung hat im Team mit Externen und mit Insidern aus der Stadt einen umfänglichen Sportentwicklungsplan mit konkreten Handlungsfeldern entwickelt. In der Kernstadt und in allenTeilorten sind die Sportanlagen, seien es Hallen oder Plätze, dabei untersucht und mehrheitlich für veränderbar, erneuerbar oder erweiterbar diagnostiziert worden.Wir kennen die Probleme in der Bühlschul-Halle, in der Schwagehalle, die Investitionsplanungen Maria-von-Linden-Halle und wir sehen auch die Walter-Schmid-Stadthalle trotz gelungenen äußeren Faceliftings als ständigen Investitionsschwerpunkt.Vor allem auch die dortigen Sanitäreinrichtungen haben allmählich schon einen ähnlich anrüchigen Ruf wie bei der Schranne.
Aber alle diese Sport- und Freizeiteinrichtungen stehen gegenwärtig unter dem Diktat der
Finanzknappheit und werden unseren Bürgern noch manches Verständnis abringen müssen.
Bleibt lediglich zu hoffen, dass unsere Vorzeige-Freizeit-Oase Bergbad im neuen Sommer mit wetterbegünstigt guten Zahlen wieder einmal punkten kann.

6. Wirtschaft, Tourismus und Region
Nach unserem neueren Verständnis ist Wirtschaftsförderung auch mit Tourismusförderung eng verwandt. Nur hier sieht man Zuwachszahlen, kann man überörtlich punkten und sieht am ehesten, was sich in Besucherzahlen und damit an Umsatzbringern in die Stadt hinein bewegt. Wir sehen aber auch, dass die Stadt unterdessen über 400.000 € jährlich in die Hand nimmt, sei es für Tourismus, für Wirtschaftsförderung, für Industriepark A 7 und City-Marketing. Wir sind hier der Auffassung, dass der tendenzielle Rückgang in 2009 gegenüber 2008 hier den richtigen Weg künftigen Vorgehens weist.
Zum Thema Region merken wir an,dass der Streit um ein Oberzentrum der Region
Ostwürttemberg für die Stadt Giengen zugleich einen begründeten Anspruch als gemeinsames Mittelzentrum Giengen-Herbrechtingen unbedingt mit enthalten muss. Weit standortbedeutsamer als beispielsweise ein weiterer Mitbewerber Bopfingen.
Überhaupt muss die Südschiene im Landkreis Heidenheim, von Herbrechtingen über Giengen bis nach Niederstotzingen ihr Potenzial auch innerhalb des Landkreises künftig deutlich gewichtiger in die Waagschale werfen.!!

7. Zusatzhaushalte Stadtentwässerung und Gebäudemanagement
Beim Eigenbetrieb Stadtentwässerung haben wir die Andeutung einer demnächst ins Haus
stehenden Gebührenerhöhung deutlich überhört! Wir kennen die rigide Aufkommensrechnung, die da Vorschrift ist. Aber wir erhoffen uns aus den ja bereits beschlossenen massiven Investitionsaufwendungen doch noch eine Effizienzrendite zugunsten von Bürgers Geldbeutel.
Beim Wirtschaftsplan Gebäudemanagement gehen wir unbedingt noch in die Einzelplanberatung.
Insgesamt erscheint uns die Vorlage, auch mit Eichamt für 2009, absolut plausibel und machbar, hält sie sich doch ziemlich exakt an die vorgegebene mittelfristige Investitions-Leitlinie von 3 Mio. pro Jahr. Aber genau unser Gebäudemanagement muss jetzt wichtigster Austragungsort für die planreife Nutzung aller Möglichkeiten aus bundes- und landesweiten neuen Konjunkturprogrammen sein. Maßnahmen aus der uns vorgelegten Übersicht gäbe es ja en masse. Und je mehr wir ins Programm bringen, desto eher haben wir eine Chance, ich sagte es schon, diese 3-Millionen-Leitlinie pro Jahr auch einmal zu unterbieten - zum Nutz und Frommen einer Verschuldungsrückführung des Stadthaushalts.
Wenn der einzelne Bürger im Jahr 2012 nicht wie prognostiziert mit 2.730 sondern vielleicht nur mit 2.500 Euro verschuldet wäre - dann wäre das uns angesichts der damit gesicherten
Einrichtungen in Schulen, Kinderbetreuung und Freizeitangebot allemal immer noch mehr wert als dem Staat eine ebensolche Verschrottungsprämie für alte Autos.....!

Nach diesem 7-Punkte-Exkurs noch ein ergänzendes Wort zu Verwaltung, zu Personal und zu Effizienz, sprich: Bürgernähe. Wir anerkennen ausdrücklich die Maßnahmen und Mühen der Verwaltung, ihre Leistung gestiegenen Anforderungen anzupassen und Personalkosten dennoch auf äußert notwendigem Level zu halten. Tariferhöhungen und Personalbedarf zusätzlich für die Kleinkinder- und Tagesbetreuung sind ja keine Erfindung der Giengener Stadtverwaltung .Wir anerkennen auch die Bemühungen, das Leistungsvermögen des Personals durch Zertifizierung zu steigern und festzuschreiben. Das ist auch in der freien Wirtschaft so und das ist unumgänglich. In der freien Wirtschaft hat aber neuerdings manche Projekt-Verliebtheit akut notwendigem Einspardenken Platz gemacht. Warum sollte das unserer Verwaltung also verboten sein? Wir werden im Verwaltungsausschuss dazu noch das eine oder andere hinterfragende Wort zu Gutachten, Projekten und Planungen mit einbringen.
Im Weiteren verweise ich jetzt auf die nachfolgenden Beratungen in den Ausschüssen. Manches kann, darf und muss sich dort ja jetzt noch bewegen.

Zum Schluss richtet sich unser Dank wie immer höchst angebracht an unsere städtischen Steuer- und Gebührenzahler.Und er richtet sich auch an die Verwaltung für die schwere Geburt der diesjährigen Haushaltsplan-Vorbereitung und für die stets sachliche Zusammenarbeit mit uns im Gremium. Diesem wiederum danke ich jetzt für Geduld und Aufmerksamkeit!